Der Dialektatlas Mittleres Westdeutschland (DMW) entsteht in einem auf 17 Jahre (2016-2032) angelegten (Forschungs-)Projekt, das an den Universitäten Bonn, Münster, Paderborn und Siegen durchgeführt wird.

Ziel ist die systematische Erhebung sowie Auswertung und Interpretation von dialektalen bzw. standardfernen Sprechweisen (Varietäten) in Nordrhein-Westfalen und Teilen von Niedersachsen und Rheinland-Pfalz auf verschiedenen sprachlichen Ebenen: Wortschatz (Lexik), Wortstruktur und Wortbildung (Morphologie), Lautstruktur (Phonologie) und Satzbildung (Syntax).

Der DMW ist:

digital: Die dialektalen bzw. standardfernen Ausdrücke werden computergestützt erhoben, weiterverarbeitet und in einer Datenbank detailliert erfasst.

dynamisch: Die Karten sind nicht statisch, sondern werden direkt auf gezielte Anfragen der Nutzer*innen hin erzeugt.

sprechend: Viele dialektale Ausdrücke können auf den Karten angeklickt und angehört werden.

Die Atlaskarten

Unsere sog. PreviewKarten bilden direkt ab, wie wo gesprochen wird, und zwar sobald verschriftete (transkribierte) Aufnahmen dialektaler Äußerungen am jeweiligen Ort vorliegen (s. das Beispiel rechts, alternativ mit farbschwächengerechter Farbpalette).

Bitte informieren Sie sich vor der ersten Nutzung zunächst über unsere dynamischen Atlaskarten, deren Eigenschaften sowie über die vielfältigen Möglichkeiten der Darstellung
(Publikation dazu).

Info-Seite zu den Atlaskarten

Für erfahrene Nutzer geht es

hier direkt zu den Atlaskarten


Das Projekt

Das Ziel des DMW-Projekts ist es, die derzeit noch fassbaren Dialekte bzw. standardfernsten Sprechweisen (Varietäten) im Erhebungsraum zu dokumentieren, zu sichern und auf Karten der Wissenschaft sowie der interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Angesichts des rapiden Rückgangs des Niederdeutschen (Plattdeutschen) und anderer standardferner Varietäten im Erhebungsraum des DMW-Projekts drängt die Zeit. Um im Vergleich der Generationen den sprachlichen Wandel zu erfassen, werden sowohl eine ältere Generation (i. Allg. 70 Jahre und älter) als auch eine jüngere Generation (ca. 30 bis 45 Jahre) befragt.

In den insgesamt etwa 1000 Erhebungsorten werden in den nächsten Jahren jeweils zwei Personen i. Allg. im Alter von 70 Jahren und älter befragt, und zwar idealerweise ein Mann und eine Frau. Diese Gewährspersonen sollten ihr gesamtes Leben im Erhebungsort verbracht haben, ebenso wie nach Möglichkeit auch mindestens ein Elternteil. In einem Teil der Orte werden zudem Befragungen mit jeweils einer Person der Kinder- bzw. Enkelgeneration (ca. 30 bis 45 Jahre) durchgeführt. Sie sollten mindestens bis zum 16. Lebensjahr im Erhebungsort gelebt haben.

Dialektologisch gesehen umfasst das DMW-Gebiet den westfälischen, den niederfränkischen und den ripuarischen Raum und daneben auch kleinere Gebiete des Moselfränkischen, des Mittel- bzw. Zentralhessischen sowie des Ostfälischen. In politischer Hinsicht handelt es sich um ganz Nordrhein-Westfalen sowie das südwestliche Niedersachsen und das rechtsrheinische Gebiet von Rheinland-Pfalz.

Für die Erhebung wurde das Gebiet in vier Areale unterteilt, für die jeweils ein Projektstandort zuständig ist (vgl. Abbildung 1). Bei der Bestimmung der Areale wurde darauf geachtet, dass sich deren Grenzen nicht mit mutmaßlichen Dialektgrenzen decken.

Das DMW-Gebiet - Areale Verteilung (Grundkarte nach Wiesinger 1983, (c) REDE)Abbildung 1: Das DMW-Gebiet – Areale Verteilung (Grundkarte nach Wiesinger 1983, © REDE)

Die Erhebungsorte, die eine Einwohnerzahl zwischen 500 und 8000 aufweisen sollen, verteilen sich gleichmäßig über das DMW-Gebiet. Damit ein Vergleich der Erhebungsdaten mit Daten anderer, auch älterer Untersuchungen möglich ist, wird fast ausschließlich in Orten erhoben, für die im Marburger Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas schon Daten vorliegen. Dies sind insbesondere Daten des sog. Wenker-Atlas, dem wohl wichtigsten historischen Referenzwerk der dialektologischen Forschung. Er enthält Daten, die zwischen 1876 und 1887 in mehreren Etappen von Georg Wenker (1852-1911) per Fragebogen erhoben wurden. Der Wenker-Atlas wurde von 2001-2009 als Digitaler Wenker-Atlas (DiWA) aufbereitet und online zugänglich gemacht. Er ist jetzt in das Akademieprojekt regionalsprache.de (REDE) integriert.

Das DMW-Projekt arbeitet methodisch mit direkten Befragungen. Die Antworten und Angaben der Gewährspersonen werden – unterstützt durch Computertechnik – aufgezeichnet und nach der Erhebung an den Universitäten in einem aufwändigen, mehrschrittigen Verfahren weiterverarbeitet und dialektologisch ausgewertet. Schließlich werden die aufbereiteten Daten über ein Karteninterface digital für Wissenschaftler*innen und andere Interessierte verfügbar gemacht.

Die Befragungen finden zumeist im Erhebungsort – in der Regel bei den Gewährspersonen zu Hause – statt. Sie können auf Wunsch aber auch in den Arbeitsräumen an den Universitäten durchgeführt werden. Im Ablauf folgt die Befragung einem Fragebuch. Es enthält ca. 800 Übersetzungs- und Benennungsaufgaben, die darauf zielen, die dialektalen bzw. standardfernen Bezeichnungen für Gegenstände, Tiere und Tätigkeiten, v. a. aus den Bereichen Natur, Haushalt und Landschaft, zu ermitteln oder die dialektalen bzw. standardfernen Entsprechungen für hochdeutsche/standarddeutsche Ausdrücke zu erfragen.

Das Fragebuch lehnt sich zwecks Vergleichbarkeit eng an die Fragebücher des Mittelrheinischen Sprachatlasses (MRhSA), des Sprachatlasses von Mittelfranken (SMF) als Teil des Projekts Bayerischer Sprachatlas (BSA)), des Projekts Syntax hessischer Dialekte (SyHD) sowie des Siegerländer Sprachatlasses (SiSal) an, ist aber an die besonderen Eigenschaften der Sprechweisen (Varietäten) im DMW-Gebiet angepasst. Auf der Basis der Angaben, die die Gewährspersonen in der Erhebung machen, wird es möglich, die Dialekte bzw. standardfernsten Varietäten auf verschiedenen sprachlichen Ebenen zu beschreiben. Dies sind Wortschatz (Lexik), Wortstruktur und Wortbildung (Morphologie), Lautstruktur (Phonologie) und Satzbildung (Syntax).

Ergänzend wird erhoben, wie die Sprecher*innen ihren Dialektraum/Nahbereich gliedern: Wo wird gleich, wo anders gesprochen? Hierfür erhalten die Personen eine topografische Karte mit ihrem Wohnort in der Mitte (Maßstab 1:200.000, Maßstab 1:500.000) und sollen auf dieser mithilfe von Kreisen markieren, wo gleich und anders gesprochen wird (draw-a-map-task). Dabei entstehen die sog. mental maps. Auch wird – ganz losgelöst vom Fragebuch – eine freie spontansprachliche Äußerungssequenz aufgezeichnet.

Die Datenerhebung sowie die Schritte der anschließenden Weiterverarbeitung der Daten sind aufwändige Prozesse. Zurzeit sind etwa 12 Explorator*innen in den vier Arealen des Erhebungsgebiets im Einsatz. Eine Erhebung dauert etwa 3 bis 5 Stunden. An den vier Universitäten werden die Daten dann von Mitarbeiter*innen und Hilfskräften weiterverarbeitet. Sie werden u. a. transkribiert, d. h. abgehört und in phonetische Umschrift überführt, und annotiert, d. h. nach bestimmten Kategorien in ihrer sprachlichen Form erfasst.

Der gesamte Prozess wird durch Computertechnik optimal unterstützt: Die Erhebung wird komplett digital aufgezeichnet. Bereits während der Aufnahme werden die Äußerungen der Gewährsperson mithilfe des Programms SpeechRecorder so vorgeschnitten, dass die Antworten auf die mehr als 600 Fragen einzeln und für die weitere Verarbeitung somit effizient verfügbar sind. Interfaces (Schnittstellen) ergänzen und strukturieren die Erfassung und Bearbeitung der Daten, die – unter Berücksichtigung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen – in einer langfristig verfügbaren Datenbank gesichert werden. Ein Karteninterface mit komplexer Funktionalität ermöglicht die Anzeige der Daten auf dynamischen Karten, die direkt auf gezielte Anfragen der Nutzer*innen hin erzeugt werden (Atlaskarten).

Das DMW-Projekt wird an vier Universitäten durchgeführt:

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Projektleitung: Prof. Dr. Claudia Wich-Reif
Informationen zum Standort

Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Projektleitung: Prof. Dr. Helmut H. Spiekermann
Informationen zum Standort

Universität Paderborn
Projektleitung: Prof. Dr. Doris Tophinke
Informationen zum Standort

Universität Siegen
Projektleitung: Prof. Dr. Petra M. Vogel
(Sprecherin)
Informationen zum Standort

Die Teams des DMW-Projekts an den vier beteiligten Universitäten kooperieren eng miteinander. Das Vorgehen und die Arbeitsschritte sind genau abgestimmt und erfolgen zeitlich parallel. Die Koordination sowie die computertechnische Betreuung des Projekts erfolgen von der Universität Siegen aus.

Der DMW erschließt ein Gebiet, in dem seit den mehr als 100 Jahre (1876 und 1887) zurückliegenden Untersuchungen von Georg Wenker (1852-1911) die dialektalen bzw. maximal standardfernen Sprechweisen (Varietäten) nicht mehr großräumig erfasst wurden. Geographisch gesehen erweitert er den bereits durch moderne Sprachatlanten erfassten Raum nach Nordwesten (vgl. Abbildung 2). Dies sind südlich der Benrather Linie (vgl. auch Dialekte im DMW) gelegene, mitteldeutsche Gebiete und es sind nördlich der Benrather Linie gelegene Gebiete im Dialektraum des Niederdeutschen. Politisch gesehen umfasst dies Nordrhein-Westfalen sowie kleinere Gebiete im Norden von Rheinland-Pfalz sowie im Süden von Niedersachsen.

Das DMW-Projekt ist in regem Austausch mit den abgeschlossenen und noch laufenden Sprachatlasprojekten, die die Abbildung 2 zeigt, und nutzt die Erfahrungen, die diese gesammelt haben.

2020 01 27 Dmw Allgemeines Schmidt Karte Atlanten Hsk 768x846 Min
Abbildung 2: Sprachatlasprojekte in Deutschland (Schmidt/Dammel/Girnth/Lenz 2019: 31)

In den benachbarten Niederlanden und Flandern ist das Ziel der vollständigen Erfassung der ursprünglichen Dialekte durch Sprachatlasprojekte bereits erreicht (vgl. Research and documentation of Dutch language and culture am Meertens Institut). Die Daten sind in den Atlas Linguarum Europae (ALE) eingegangen.

Linien
rote Linien = Sprachatlasgrenzen
Abkürzung   Titel
ADT Atlas der deutschen Mundarten in Tschechien (2014 ff.)
ALA Atlas linguistique et ethnographique de l‘ Alsace (1969/1984)
ALLG Atlas linguistique et ethnographique de Lorraine Germanophone (1977)
DHSA Digitaler Hessischer Sprachatlas 
DMW Dialektatlas Mittleres Westdeutschland (2016-2032)
MRhSA Mittelrheinischer Sprachatlas. Einführung (1994). 5 Bde. (1994-2002)
SAO Sprachatlas von Oberösterreich (1998-2010)
SBS Sprachatlas von Bayerisch-Schwaben. 14 Bde. (1995-2009)
SDS Sprachatlas der deutschen Schweiz (1962-1997)
SMF Sprachatlas von Mittelfranken. 8 Bde. (2003-2014)
SNBW Sprachalltag in Nord-Baden-Württemberg. (2015 ff)
SNiB Sprachatlas von Niederbayern. 7 Bde. (2003-2010)
SNOB Sprachatlas von Nordost-Bayern. Einführung (2014), Bd. 1 (2004 ff.)
SOB Sprachatlas von Oberbayern. Ergebnisband Sprachregion München (2005), 6 Bde. (2008-2011)
Sprachatlas für Rügen und die vorpommersche Küste (Herrmann-Winter, 2013)
SSA Südwestdeutscher Sprachatlas. Einleitung zu Teil I (1993), zu Teil II (1998). Lfg. 1-10 (1989-2010); Kommentare zu Lfg. 1ff. (1997), (1989-2012)
SUF Sprachatlas von Unterfranken. 6 Bde. (2005-2009)
SyHD Syntax hessischer Dialekte.
TirolSA Tirolischer Sprachatlas (1965-1971)
ThDA Thüringischer Dialektatlas. 2 Kartenlieferungen mit Textbänden (1961, 1965)
VALTS Vorarlberger Sprachatlas mit Einschluss des Fürstentums Liechtenstein, Westtirols und des Allgäus (1985-2017)

Die Dialektgeographie als Teilgebiet der Dialektologie interessiert sich für die Beziehung von Sprache und Raum. Schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann die erste systematische flächendeckende Fragebogenerhebung. Initiiert und durchgeführt wurde sie von Georg Wenker (1852-1911), der seinerzeit Leiter des Forschungszentrums Deutscher Sprachatlas (DSA) in Marburg war. Auf Basis von Fragebogenerhebungen entstand in den Jahren 1888 bis 1923 der Sprachatlas des deutschen Reichs (der sog. Wenker-Atlas), in dem nach den damaligen Forschungsstandards flächendeckend Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Dialekte im Gesamtgebiet des ehemaligen Deutschen Reiches präsentiert wurden. Der Atlas beantwortet insbesondere Fragen zu den lautlichen (phonetisch-phonologischen) Unterschieden der Dialekte. Wortstruktur und Wortbildung (Morphologie), Satzbildung (Syntax) und Wortschatz (Lexik) werden nur am Rande berücksichtigt.

Zu den Neuerungen der modernen Dialektologie bzw. der Varietätenlinguistik gehört, dass Tonaufnahmen gemacht und dass die dialektalen bzw. standardfernen Sprechweisen (Varietäten) umfassend, d. h. phonetisch-phonologisch, morphologisch, syntaktisch und lexikalisch erfasst werden. Weitere Neuerungen bestehen darin, dass sprachbiographische Daten zu den Gewährspersonen erhoben und mehrere Generationen unterschieden werden. So können im Vergleich Sprach- bzw. Dialektwandelprozesse erkennbar werden.

Der Rückgang der dialektalen bzw. standardfernen Varietäten ist ganz wesentlich eine Folge gesellschaftlicher Veränderungen des 20. Jahrhunderts. Er geht einher mit dem Wandel der Arbeits- und Alltagswelten, hier insbesondere mit der Auflösung der ländlichen Dorfgemeinschaften und der Entstehung eines Arbeitsmarktes außerhalb der Landwirtschaft. Zwar leben die Menschen bis heute teilweise immer noch in Dörfern, aber sie gehen vielfältigen beruflichen und privaten Aktivitäten außerhalb des Dorfes und außerhalb der Landwirtschaft nach. Ihr Alltag ist durch räumliche Mobilität bestimmt. Sie bewegen sich in ihrem beruflichen und privaten Alltag auch in Kommunikationssituationen, in denen standardnähere Varietäten gebraucht werden. Um diese von den ursprünglicheren, oft ganz kleinräumigen Dialekten zu unterscheiden, werden sie als Regiolekte, regionale Umgangssprachen oder Regionalsprachen bezeichnet. Größere Forschungsprojekte zu Regionalsprachen sind: regionalsprache.de (REDE), Sprachvariation in Norddeutschland (SiN) und Atlas zur deutschen Alltagssprache (AdA).

Was die ursprünglichen Dialekte bzw. die standardfernen Varietäten anbetrifft, die das DMW-Projekt untersucht, so ist für große Teile des Erhebungsgebiets davon auszugehen, dass es nur noch wenige aktive Sprecher*innen mit voller Dialektkompetenz gibt. Dies gilt insbesondere für die Dialekte des Niederdeutschen, die spätestens seit den 1950er Jahren wohl nur im Ausnahmefall an die Kinder weitergegeben wurden. Die kompetentesten Dialektsprecher*innen finden sich in der ältesten Generation. Weil die alten Dialekte mit ihnen auszusterben drohen, ist eine systematische Erhebung jetzt dringend erforderlich.

Weiterführende Literatur:

Auer, Peter (2005): Europe’s sociolinguistic unity, or: A typology of European dialect/standard constellations. In: Delbecque, Nicole/van der Auwera, Johan/Geeraerts, Dirk (Hg.): Perspectives on Variation. Berlin, New York (Trends in Linguistics. Studies and Monographs 163), 7-42.

Barbour, Stephen/Stevenson, Patrick (1998): Variation im Deutschen. Soziolinguistische Perspektiven. Berlin, New York.

Elspaß, Stephan (2005): Zum Wandel im Gebrauch regionalsprachlicher Lexik. Ergebnisse einer Neuerhebung. In: Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik 72, 1-51.

Kehrein, Roland (2012): Regionalsprachliche Spektren im Raum. Zur linguistischen Struktur der Vertikale. Stuttgart (Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik. Beihefte 152).

Kruijsen, Joep/van der Sijs, Nicoline (2010): Mapping Dutch and Flemish. In: Lameli, Alfred/Kehrein, Roland/Rabanus, Stefan (Hg.): Language and Space. An International Handbook of Linguistic Variation. Vol. 2: Language Mapping. Berlin, New York (Handbücher zu Sprach- und Kommunikationswissenschaft 30.2), 180-202.

Lenz, Alexandra N. (2003): Struktur und Dynamik des Substandards. Eine Studie zum Westmitteldeutschen (Wittlich/Eifel). Stuttgart (Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik. Beihefte 125).

Lenz, Alexandra N. (2005): Hyperdialektalismen und Hyperkorrektionen. In: Lenz, Alexandra N./Mattheier, Klaus J. (Hg.): Varietäten – Theorie und Empirie. Frankfurt a. M. (VarioLingua 23), 76-95.

Macha, Jürgen (2000): Nordrheinische Sprachgeschichte im 20. Jahrhundert. In: Macha, Jürgen/Neuß, Elmar/Peters, Robert (Hg.): Rheinisch-Westfälische Sprachgeschichte. Unter Mitarbeit von Stephan Elspaß. Köln u. a. (Niederdeutsche Studien 46), 293-313.

Möller, Robert/Stephan Elspaß (2008): Erhebung dialektgeographischer Daten per Internet: ein Atlasprojekt zur deutschen Alltagssprache. In: Elspaß, Stephan/König, Werner (Hg.): Sprachgeographie digital. Die neue Generation der Sprachatlanten (mit 80 Karten). Hildesheim u. a., 115-132.

Schmidt, Jürgen Erich (2010): Dynamic linguistic maps and validation. In: Auer, Peter/Schmidt, Jürgen Erich (Hg.): Language and Space. An International Handbook of Linguistic Variation. Vol. 1: Theories and Methods. Berlin, New York (Handbücher zu Sprach- und Kommunikationswissenschaft 30.1), 385-401.

Schmidt, Jürgen Erich/Dammel, Antje/Girnth, Heiko/Lenz, Alexandra N. (2019): Sprache und Raum im Deutschen: Aktuelle Entwicklungen und Forschungsdesiderate. In: Herrgen, Joachim/Schmidt, Jürgen Erich (Hg.): Sprache und Raum. Ein internationales Handbuch der Sprachvariation. Band 4: Deutsch. Berlin, Boston (Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft 30.4), S. 31.

Schmidt, Jürgen Erich/Herrgen, Joachim (2011): Sprachdynamik. Eine Einführung in die moderne Regionalsprachenforschung. Berlin (Grundlagen der Germanistik 49).

Schröder, Ingrid/Elmentaler, Michael (2009): Sprachvariation in Norddeutschland (SiN). In: Niederdeutsches Jahrbuch 132, 41-68.

Spiekermann, Helmut (2008): Sprache in Baden-Württemberg. Merkmale des regionalen Standards. Tübingen.

Wich-Reif, Claudia (2010): „Da hat der Christian sone großen Augen gemacht“ – Pluralvarianten des Pronomens solch im deutschen Sprachraum. In: Dittmar, Norbert/Bahlo, Nils (Hg.): Beschreibungen für gesprochenes Deutsch auf dem Prüfstand. Analysen und Perspektiven. Frankfurt a. M. u. a., 195-217.

Das DMW-Untersuchungsgebiet umfasst sowohl niederdeutsche als auch hochdeutsche bzw. mitteldeutsche Dialektregionen. Eine wichtige Grenze (Isoglosse) bildet die sog. Benrather Linie, die ihren Namen nach dem Ort Benrath bekommen hat, wo sie auf den Rhein trifft (vgl. Abbildung 3).

Das DMW-Gebiet – Areale Verteilung mit Benrather Linie (Grundkarte nach Wiesinger 1983, © REDE)Abbildung 3: Das DMW-Gebiet – Areale Verteilung mit Benrather Linie (Grundkarte nach Wiesinger 1983, © REDE)

Der Verlauf der Grenze zwischen niederdeutschen und hochdeutschen Dialekten wurde zuerst von Georg Wenker (1852-1911) systematisch beschrieben. Georg Wenker hatte Ende des 19. Jahrhunderts zum ersten Mal systematisch einen Großteil des deutschsprachigen Raumes dialektgeografisch mithilfe einer Fragebogenerhebung untersucht. Die Ergebnisse seiner Erhebungen sind Grundlage des Deutschen Sprachatlas, der heute online über das Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas (DSA) der Universität Marburg zugänglich ist.

Die Benrather Linie geht auf die sog. Zweite Lautverschiebung in der Zeit zwischen dem 5. und 8. Jahrhundert zurück. Bei diesem Lautwandel, der von Süden her kommend bis zur Benrather Linie (und Uerdinger Linie) vorgedrungen ist, wurden in den Dialekten südlich der Linie, den hochdeutschen Dialekten, die Konsonanten p, t, k (Plosive/Verschlusslaute) zu pf, ts, kch (Affrikaten/Verschlussreibelauten) bzw. f, s, ch (Frikativen/Reibelauten) ‚verschoben‘. In den Dialekten nördlich der Linie, den niederdeutschen Dialekten, sind sie unverändert geblieben. Dass die Zweite Lautverschiebung die niederdeutschen Dialekte nicht erfasst hat, lässt sich im Vergleich von hoch- und niederdeutschen Wörter bis heute erkennen: nd. „maken“ vs. hd. „machen“, nd. „Dorp“ vs. hd. „Dorf“.

Betrachtet man die Karte (Abbildung 3), so wird erkennbar, dass das DMW-Erhebungsgebiet sowohl niederdeutsche als auch hochdeutsche Dialekte bzw. Dialektgruppen einschließt. Zu den niederdeutschen Dialektgruppen gehören das Westfälische und Niederfränkische sowie kleine Teile des Nordniederdeutschen und des Ostfälischen. Zu den hochdeutschen das Ripuarische und Moselfränkische sowie zu einem kleinen Teil auch das Mittel- bzw. Zentralhessische.

Westfälisch

Das Westfälische wird in vier Dialektgruppen unterteilt: Das Westmünsterländische, das Münsterländische, das Ostwestfälische und das Südwestfälische; vgl. dazu die Karte (vgl. Abbildung 4).

2022 01 10 Niederdeutsche Mundarten In Westfalen

Abbildung 4: Westfälische Dialektgebiete (Entwurf: H. Taubken, verändert aus: Geographisch-landeskundlicher Atlas von Westfalen und E. Nörrenberg, Die Grenzen der Westfälischen Mundart)

Die Karte zeigt den Raum des Westfälischen und dessen Unterteilung, wobei sie sich auf solche Gebiete beschränkt, die zum Gebiet des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) gehören. Bei den Linien, die außen teilweise oder ganz darum herumführen, handelt es sich um die sprachlichen Außengrenzen des Westfälischen. Sie markieren jeweils den Raum, in dem sich ein bestimmtes sprachliches Merkmal findet. Man erkennt, dass sich die Linien in ihrem Verlauf nicht decken, dass sie aber zusammen einen Raum, das Westfälische, umreißen. Über das Ausbleiben der Zweiten Lautverschiebung hinaus, die für alle niederdeutschen Dialekte gilt, sind es drei Merkmale, die für das Westfälische bestimmend sind und deren Vorkommen auf der Karte dargestellt ist:

  • Die rosafarbene Linie umschließt das Gebiet, in denen das Wort für den Hund „Rüe“ ist.
  • Die braune Linie betrifft die Unterscheidung der langen „a“-Laute: Westlich der Linie, d. h. im Großteil des Westfälischen, werden die langen Vokale in den Wörtern „Schoop“ (Schaf) und „maaken“ (machen) unterschieden: „Schoop“ wird mit offenem, o-ähnlichen Langvokal ausgesprochen ([ʃɔ:p]), „maaken“ demgegenüber mit langem „a“ ([ˈma:kən]).
  • Die rotgepunktete Linie markiert das Gebiet, in dem die sog. westfälische Brechung auftritt, d.h. sich besondere, öffnende Doppelvokale (Diphthonge) finden: „Bieke“ (Bach), „Küeke“ (Küche) oder „broaken“ (gebrochen).

Die Unterteilung des Westfälischen in vier Dialektgruppen basiert auf einer Reihe von Merkmalen, die jeweils nur in Teilen des Gebietes vorkommen und die auf der Karte nicht erfasst sind. Ein besonders markantes Merkmal ist die sog. Hiattilgung: Bei bestimmten Wörtern wird zwischen dem kurzen Vokal der ersten Silbe und dem Vokal der zweiten, unbetonten Silbe ein Konsonant eingeschoben (vgl. etwa „schniggen“ (schneien), „haggen“ (heuen) oder „hoggen“ (hauen). Die Hiattilgung findet sich im Ostwestfälischen sowie im östlichen Teil des Münsterländischen.

Rheinisch und Niederrheinisch

Die Dialektgruppen südlich und südwestlich des Westfälischen werden in der Dialektologie zumeist als Mittel– und Niederfränkisch, in der Alltagssprache als Rheinisch und Niederrheinisch bezeichnet.

Dialektkarte Rheinisch Niederrheinisch Min
Abbildung 5: (Nieder-)Rheinisch (LVR–Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte (o. J.))

Weil die Zweite Lautverschiebung für die einzelnen Konsonanten im Rheinland unterschiedlich weit nach Norden vorgedrungen ist, fächert sich die Benrather Linie hier auf. Die Dialektologie spricht deshalb auch vom Rheinischen Fächer. Je nördlicher die Dialektgebiete in diesem Raum liegen, desto ähnlicher sind sie dem Niederdeutschen. Begrenzt wird das Gebiet im Norden durch die Westfälische Linie (Einheitsplurallinie); nördlich davon heißt es „wir/ihr/sie makt“, südlich davon „wir/sie maken“ und „ihr makt“. Die südliche Grenze bildet die Eifelschranke; nördlich davon heißt es „Dorp“, südlich davon „Dorf“. Das DMW-Erhebungsgebiet schließt zudem noch das Gebiet südlich des Rheinischen Fächers bis zur Bacharacher Linie mit ein, die das Gebiet mit „dat“ (nördlich) vom Gebiet mit „das“ trennt. Auch das Moselfränkische, und zwar das Siegerländer Platt im Altkreis Siegen und in Teilen die Kreise Altenkirchen und Westerwald sowie Übergangsgebiete zum Hessischen, und zwar das Wittgensteiner Platt im Altkreis Wittgenstein, gehören zum DMW-Erhebungsgebiet (vgl. Abbildung 5).

Eine vor allem durch den Karneval bekannte Varietät im Rheinland ist das Kölsch, das dialektologisch dem Ripuarischen (grün markiertes Gebiet) zuzuordnen ist. Obwohl es sich südlich der Benrather Linie befindet, gibt es hier Wörter, die keine Lautverschiebung zeigen (Bsp. „dat“ und „Dorp“). Das Südniederfränkische (orange markiertes Gebiet) und Niederfränkische/Kleverländische (rot markiertes Gebiet) (einschließlich des Ostbergischen, gelb markiertes Gebiet) werden durch die sog. Uerdinger Linie (nördlich davon „ik“, südlich davon „ich“) getrennt.

Eine Besonderheit der Sprachlandschaft am Niederrhein ist die pfälzische Sprachinsel (rosafarbene Markierung unterhalb von Kleve). Sie ist Mitte des 18. Jahrhunderts entstanden, weil Siedlerfamilien aus der Kurpfalz bzw. dem Hunsrück, die eigentlich über Rotterdam nach Pennsylvania auswandern wollten, am Niederrhein hängen blieben. Ihr Dialekt ist bis heute zumindest in Resten erhalten.

Ruhrdeutsch

Ruhrdeutsch ist eine Sprechweise (Varietät), die im Ruhrgebiet gesprochen wird. Es handelt sich dabei nicht um einen alten Dialekt, sondern um eine sog. Umgangssprache (oder: Regionalsprache, Regiolekt), die sich im Zuge der Industrialisierung und Verstädterung des Ruhrgebiets seit den 1870er Jahren entwickelt hat. Angenommen wird, dass bereits an der Wende zum 19. Jahrhundert die ursprünglich im Ruhrgebiet gesprochenen niederdeutschen Dialekte kaum mehr gebräuchlich waren. Das Gebiet des Ruhrdeutschen erstreckt sich über mehrere historische Dialekträume: Ein großer Bereich gehört dem Südwestfälischen an, ein kleinerer Bereich dem Niederrheinischen (Duisburg, Mühlheim, Kreis Wesel und Teile Oberhausens). Das Ruhrdeutsche ist einerseits geprägt durch Relikte aus den historisch ererbten westfälischen bzw. niederrheinischen Dialekten, andererseits durch Regionalismen, die vielfach als Reduktionsformen (Verschleifungen, Verkürzungen) von ursprünglichen standardsprachlichen Ausdrücken zu verstehen sind (wie „hömma ‚Hör mal‘“).

Weit verbreitet sind populäre Vorurteile über den Ursprung bzw. die Charakteristika des Ruhrdeutschen. So lässt sich wissenschaftlich nicht nachweisen, dass die zum Ende des 19. Jahrhunderts in großer Zahl eingewanderten Arbeiter mit polnischer Muttersprache wesentliche Spuren hinterlassen haben. Es finden sich hier nur wenige Einzelwörter polnischen Ursprungs (wie „mottek“ ‚Hammer’). Auch ist die Vorstellung eines sprachlichen „melting pots“, in dem sich alle Sprechergruppe, die ins Ruhrgebiet eingewandert sind, gegenseitig sprachlich beeinflusst und das Ruhrdeutsche als Ausgleichssprache entwickelt hätten, wohl falsch.

Weiterführende Literatur und Links:

Cornelissen, Georg (1994): Deutsch-niederländische Grenzdialektologie. Eine forschungsgeschichtliche Skizze für das Gebiet Aachen – Nimwegen – Enschede. In: Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik 61, 298-307.

Damme, Robert/Goossens, Jan/Müller, Gunter/Taubken, Hans (1996): Die niederdeutschen Mundarten. Begleittext zum Doppelblatt Niederdeutsche Mundarten aus dem Themenbereich V Kultur und Bildung. In: Geographische Kommission für Westfalen, Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Hg.): Geographisch-landeskundlicher Atlas von Westfalen. Lieferung 8. Münster.

Elmentaler, M. (2019): Nordniederdeutsch, Ostfälisch, Westfälisch, Nordrheinmaasländisch. In: Herrgen, Joachim/Schmidt, Jürgen Erich (Hg.): Sprache und Raum. Ein internationales Handbuch der Sprachvariation. Band 4: Deutsch. Berlin, Boston (Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft 30.4), 550-590.

LVR–Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte (o. J.): Rheinischer Fächer (https://dat-portal.lvr.de/orte/dialektkarten/einteilungskarten/rheinischer-faecher, 31.08.2023).

Macha, Jürgen (2000): Nordrheinische Sprachgeschichte im 20. Jahrhundert. In: Macha, Jürgen/Neuß, Elmar/Peters, Robert (Hg.): Rheinisch-Westfälische Sprachgeschichte. Unter Mitarbeit von Stephan Elspaß. Köln, Weimar, Wien (Niederdeutsche Studien 46), 293-313.

Menge, Heinz H. (2000): Sprachgeschichte des Ruhrgebiets. In: Macha, Jürgen/Neuß, Elmar/Peters, Robert (Hg.): Rheinisch-Westfälische Sprachgeschichte. Unter Mitarbeit von Stephan Elspaß. Köln, Weimar, Wien (Niederdeutsche Studien 46), 337-347.

Menge, Heinz H. (2014): Mein lieber Kokoschinski! Der Ruhrdialekt. Aus der farbigsten Sprachlandschaft Deutschlands. 2. Aufl. Bottrop 2014.

Mihm, Arend (1989): Alter und neuer Dialekt im Industriegebiet. Zum Sprachgebrauch in der Region Duisburg. In: Volkskultur an Rhein und Maas 1, 64-77.

Schmidt, Jürgen Erich / Herrgen, Joachim / Kehrein, Roland (Hrsg.) (2008 ff.): Dialekteinteilung nach Wiesinger (1983). Abzeichnung der Karte 47,4 in Wiesinger, Peter (1983): Die Einteilung der deutschen Dialekte. In: Besch, Werner [u.a.] (Hrsg.): Dialektologie. Ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung. 2. Halbband. (= Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft. 1.2) Berlin/New York.

Taubken, Hans (2007): Niederdeutsche Sprache – Westfälische Mundarten. In: Heineberg, Heinz (Hg.): Westfalen regional. Festschrift für Klaus Temlitz. Münster, 18-19.

Taubken, Hans/Damme, Robert/Goossens, Jan/Müller, Gunter (1996): Doppelblatt Niederdeutsche Mundarten aus dem Themenbereich V Kultur und Bildung. In: Geographische Kommission für Westfalen, Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Hg.): Geographisch-landeskundlicher Atlas von Westfalen. Lieferung 8. Münster.

Institute und Zentren:

Verbände

  • Abteilung „Sprache“ des Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte des Landschaftsverbands Rheinland (LVR)
  • Fachstelle „Plattdeutsch“ der Emsländischen Landschaft
  • Kommission für Mundart- und Namenforschung Westfalens des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL)

Sprachatlanten

  • Bayerischer Sprachatlas (BSA)
  • Luxemburgischer Sprachatlas (LuxSA)
  • Sprachalltag in Nord-Baden-Württemberg (SNBW)

Projekte

  • SFB DiÖ (FWF Spezialforschungsbereich (SFB) „Deutsch in Österreich. Variation – Kontakt – Perzeption“ (F 60), SFB-Sprecherin: Prof. Dr. Alexandra N. Lenz)
  • Korpus der gesprochenen Sprache im Ruhrgebiet (KgSR)/Linguistische Datengewinnung und Datenanalyse am Beispiel des Ruhrdeutschen (LinDA) (Projektleiterin: Dr. Kerstin Kucharczik)
  • Metropolenzeichen: Visuelle Mehrsprachigkeit in der Metropole Ruhr (Hauptantragstellerin: Prof. Dr. Evelyn Ziegler)
  • Sprachen im Ruhrgebiet (Projektleiter: Prof. Dr. Gerald Bernhard, Prof. Dr. Franz Lebsanft)
  • Sprachvariation in Norddeutschland (SiN) (Sprecherin: Prof. Dr. Ingrid Schröder)

Einzelpersonen

  • Prof. i.R. Dr. Dr. h.c. Peter Auer, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Direktor der Forschungsstelle Sprachvariation in Baden-Württemberg
  • Prof. Dr. Peter Gilles, Universität Luxemburg, Gründungsdirektor des Instituts für luxemburgische Sprach- und Literaturwissenschaft
  • Prof. Dr. Jörg Peters, Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg, Professor für Germanistische Linguistik, Linguistische Pragmatik und Soziolinguistik/Niederdeutsch
  • Prof. Dr. Stephan Elspaß, Universität Salzburg, Professor für Germanistische Linguistik

Die wichtigsten Informationen zum DMW-Projekt haben wir Ihnen in den folgenden Materialien zusammengestellt:

Der Ablauf

1. Recherchieren

Die vier Standorte recherchieren zu Beginn, in welchen Orten Befragungen durchgeführt werden können und sollen. Grundlage für die Recherche sind die durch Georg Wenker im 19. Jahrhundert erhobenen Orte. Wenker war ein deutscher Sprachwissenschaftler, der zum ersten Mal systematisch einen Großteil der deutschen Dialekte erhoben hat mit dem Ziel, Dialektgrenzen zu ermitteln.

2. Kontaktieren

Über Heimatvereine, Ortsvorsteher*innen, Bürgermeister*innen etc. werden potentielle Gewährspersonen kontaktiert und bei Interesse gebeten, einen Fragebogen u. a. zur Ortsfestigkeit auszufüllen. Daraufhin werden sie vom zuständigen Projektstandort kontaktiert und es wird bei Eignung ein Erhebungstermin vereinbart.

3. Befragen & Aufnehmen

Die Befragung findet vor Ort durch sogenannte "Explorator*innen" statt. Die dialektalen Ausdrücke werden mithilfe eines Fragebuchs, das für alle Teilnehmenden gleich ist, computergestützt erhoben. Als Unterstützung dienen Bild- und Satzkarten sowie kurze Videos. Die Befragung wird als Ganzes aufgenommen und gespeichert. Zudem werden bereits während der Aufnahme die Einzelfragen und -antworten geschnitten und zusätzlich einzeln auf dem Laptop zwischengespeichert, was die Weiterbearbeitung der Sprachdaten erleichtert.

4. Sichern

Nach der Befragung werden alle Personal- und Sprachdaten getrennt voneinander digitalisiert und verschlüsselt über eine projektinterne Plattform für die Weiterverarbeitung datenschutzkonform in einer Datenbank gespeichert, und zwar als Gesamtaufnahme und als einzelne Antworten zur Weiterbearbeitung.

5. Aufbereiten

Die Aufbereitung der Antworten auf die ca. 800 Fragen wird durch überwiegend selbst entwickelte digitale Tools unterstützt, mit denen eine effiziente Verarbeitung der großen Datenmenge durch spezielle Bearbeiter*innen möglich ist. Hierzu gehört das Herausschneiden der relevanten Dialektwörter aus den einzelnen Antworten sowie ihre Übertragung (Transkription) in eine Lautschrift. Zudem erfolgt eine Voranalyse der Daten in Bezug auf spezielle linguistische Fragestellungen/Phänomene.

6. Hören & Sehen

Nach der Aufbereitung und Voranalyse der Antworten können die Sprachbeispiele und ihre laiengerechten Verschriftungen auf sogenannten "Preview-Karten" als Atlaskarten angesehen und teilweise angehört werden. In einer späteren Projektphase werden die Sprachdaten wissenschaftlich ausgewertet, interpretiert und als klassische Dialektkarten dargestellt. Damit wird auch die Vergleichbarkeit mit den Ergebnissen anderer Dialektatlas-Projekte geschaffen.


Zitation

Spiekermann, Helmut H./Tophinke, Doris/Vogel, Petra M./Wich-Reif, Claudia (Hrsg.) (2016ff.):
Dialektatlas Mittleres Westdeutschland (DMW). Siegen: Universität Siegen [URL: https://www.dmw-projekt.de]


Mitmachen


Wir haben Ihr Interesse für das DMW-Projekt geweckt und Sie wollen uns unterstützen oder sogar selbst mitmachen? Dazu sind Sie herzlich eingeladen. Sie haben die Möglichkeit, am Projekt mitzuwirken und dafür zu sorgen, dass auch Ihre örtliche Mundart, Ihr örtliches Plattdeutsch vertreten ist.

Auf den folgenden Karten können Sie schauen, ob Ihr Ort schon erhoben wurde bzw. für Befragungen infrage kommt:

Karte bereits erhobener OrteKarte potenzieller Erhebungsorte


Über den folgenden Button erhalten Sie die wichtigsten Informationen zur Teilnahme. Daneben ist noch einmal der Link auf unsere zweiseitige Kurzdarstellung des Projekts als Überblick, und darunter finden Sie unsere Kontaktinformationen.

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Folgende Eigenschaften müssen Sie mitbringen:

Altersgruppe 1:

  • mindestens 70 Jahre alt,
  • seit Ihrer Geburt ortsansässig im Heimatort und
  • mindestens einer der Elternteile stammt ebenfalls aus dem Heimatort.

Altersgruppe 2:

  • möglichst zwischen ca. 30 und 45 Jahre alt,
  • von Geburt an bis mindestens zum 16. Lebensjahr am Heimatort ansässig und
  • mindestens ein Elternteil stammt ebenfalls aus dem Heimatort oder der näheren Umgebung (Umkreis von 20 km).

Wenn Sie diese Angaben erfüllen, senden Sie uns die unterschriebene Einverständniserklärung und den ausgefüllten Personalbogen¹ per E-Mail oder Post an

Universität Siegen
Dialektatlas Mittleres Westdeutschland (DMW)
Hölderlinstr. 3
57076 Siegen

und ein*e Mitarbeiter*in wird sich mit Ihnen in Verbindung setzen.

Gern können Sie die Einverständniserklärung und den Personalbogen auch an Ihnen bekannte und geeignete Personen weitergeben.


¹Die persönlichen Angaben der Teilnehmenden erheben wir ausschließlich für unser Projekt. Sie werden von uns vertraulich behandelt und anonymisiert. Eine kommerzielle Verwendung oder eine Weitergabe der Daten an Dritte erfolgt selbstverständlich nicht.

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